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Bella Block - Geflüsterte Morde

Genre: Krimi/Thriller
Darsteller:
Bella Block: Hannelore Hoger ; Bernstein: Eva Kryll; Boris: Ben Becker; Annabell: Stefan Kurt; Dolores: Richard Beek; Simon Abendroth: Rudolf Kowalski; Jana Schöller: Loretta Pflaum; Lorenz Adam: Manuela Riva; JoJo: André Hennicke; Senator: Volker Lechtenbrink; Manolo: Albert Kitzel

Buch und Regie: Christian Görlitz

Zwei unbescholtene Männer sind scheinbar willkürlich ermordet worden. Als noch ein Elbtunnelwärter erschossen wird, hält die Hamburger Öffentlichkeit den Atem an. Es gibt keine Zeugen, keine Anhaltspunkte und kein Motiv für die Morde - jeder könnte der Nächste sein. Kriminalkommissar Bella Block ahnt von Anfang an einen Zusammenhang hinter diesen Zufallsmorden. Für sie ist klar: Alle drei Morde hat nur ein Täter verübt. Und: Es gibt keinen Mord ohne Grund. Die Suche nach dem Mörder führt Bella Block in die Abgründe der Hamburger Gesellschaft, in die Abgründe der menschlichen Seele und in die Abgründe der eigenen Arbeit. Keine Hilfe ist ihr dabei Freund Simon, der sich um seine in der radikalen Tierschutzbewegung engagierte Tochter sorgt. Bei ihren Ermittlungen trifft Bella auf Dolores, den resignierten alternden Transvestiten, der alles über das Böse im Menschen weiß, und auf den dicken Adam, der mit abartigen Lüsten seine miesen Geschäfte macht. Und auf JoJo, für den ein Zeitungsbild von Bellas Assistentin zum Wahnbild wird. Am Ende stößt Bella auf perverse Praktiken im Rotlicht-Milieu und auf Boris, einen tierlieben Handlanger. Der schlicht gestrickte Rattenzüchter Boris ist bis zur Verzweiflung in Annabell verliebt, den "schwarzen Engel" eines dubiosen Nachtclubs. Die todkranke, transsexuelle Prostituierte Annabell ahnt nicht, dass ihre von Freiern gierig geforderten Phantasien als mörderische Einflüsterungen missverstanden werden. Ihr gewaltsamer Tod beendet die unheimliche Mordserie. Doch mit der Verhaftung des Täters ist der Fall noch nicht gelöst. Das Verhör mit dem Mörder und die Aufdeckung des Mordmotivs ist selbst für Bella Block eine Grenzerfahrung.

Drehbuchautor und Regisseur Christian Görlitz hat mit dieser ungewöhnlichen Kriminalgeschichte der anspruchsvollen und erfolgreichen "Bella Block"-Reihe einen intensiven Film hinzugefügt -atürlich wieder mit der wunderbar herausfordernden Hannelore Hoger in der Hauptrolle. Schonungslos aus Mitgefühl, um Verständnis bemüht und im Wissen um wahnsinnige Triebkräfte rückt Görlitz mit den "Geflüsterten Morden" gescheiterte Randexistenzen in den Mittelpunkt. In den beinahe schmerzend schönen Bildern des Kameramanns Hans Grimmelmann spielen Ben Becker und Stefan Kurt eindringlich und anrührend ein verlorenes Paar.

Das Filmfest München hat diesen sehr konsequenten Krimi 1999 zu seiner TOP-Television-Reihe eingeladen.



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Annabell, ach Annabell

ZDF: Bella Block Geflüsterte Morde

Der Kunstwille war diesmal von Anfang an zu spüren. Gleich im Vorspann las man ein Georg Christoph Lichtenberg-Zitat, demzufolge bei einem Verbrechen das, was die Welt das Verbrechen nennt, selten das sei, was die Strafe verdient.

Und schon rudert ein seltsames Pärchen er Mann (Ben Becker), sie Transvestit (Stefan Kurt) im Kahn über ein silberglänzendes Gewässer. Sie rudern geradewegs, wie der Ruderer seinen androgynen Gast wissen lässt, ins Paradies. Die Szene in ihrer sorgfältigen Schönheit könnte von Visconti stammen, aus Ludwig oder Tod in Venedig.

Man ist aber dann doch nur im rauen Hamburg und am Strand der Elbe, wo allerdings wiederum seltsam künstliche Sodomisten sich der Travestie und der Damenwahl beim Ball der einsamen Herzen ergeben. Die Kamera (Hans Grimmelmann) filmt nach der Fahrt über den Elb-Styx im Hühnerstall, einem dubiosen Etablissement, Fleischberge aus Brüsten und Schenkeln. In einem Hintereck, von stählernen Gittern umgeben, hinter denen für gewöhnlich die Go go-Boys und -Girls tanzen, berichtet Annabell, der Transvestit, seinen geilen Gästen von Gewalt, die man ihm angetan habe von perversen Vergewaltigungsszenen.

Christian Görlitz erfindet für eine Krimi-Reihe erstaunliche Bilder von sanfter Dekadenz und tödlichem Wahn. Becker zieht als durchgeknallter Racheengel Boris los, um die Qualen seines Freundes Annabell zu sühnen, den Wedels einstiger Schattenmann Kurt in einer wortkargen, schier pantomimischen Transvestitenrolle sehr eindringlich gibt.

Freilich erfährt man über das Verhältnis der beiden nur allzu wenig. Angedeutet wird eine tiefenpsychologische Allianz aus Todgeweihtsein und schierem Wahn.

Wie gut, dass es da noch Bella, die Kommissarin, gibt. Irgendwie kennt sie diesmal den Mörder von Anbeginn, porträtiert den Durchgebrannten als einen Menschen mit zutiefst verletzten Gefühlen. Weil der Wahnsinn nun mal wenig Logik hat, muss Hannelore Hoger diesmal viel über den Wahnsinn dieser Welt

sinnieren. Wenn sie dann aber beim Verhör zusammenstoßen, die Kommissarin und ihr unschuldiges Mörder-Kind, bekommt Görlitz Krimi eine Wahrheits-Dimension, die jede schwüle Künstlichkeit hinter sich lässt. Die süßen Nosferatu-Rättlein im Bett des Transvestiten haben sowieso niemanden erschreckt.

Dass ZDF-Fernsehspielchef Hans Janke diese Ausgabe von Bella Block aus Hamburgs fiktiver Unterwelt in den Giftschrank gesperrt und auf einen 21 Uhr-Termin geschoben haben soll, wie der Spiegel vermeldete, mag man nicht glauben. Zu starker Tobak? Da lacht doch Frau Bu vom Bayern-Tatort die lief schließlich auch um 20 Uhr 15.

WILFRIED GELDNER