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Flaming Creatures

Drag Fantasien
Filme des Camp-Pioniers Jack Smith
Ein Artikel von Loaf Möller aus "Stadtrevue" 02/2000

Der Filmemacher und Performance-Künstler Jack Smith (1932-89) hatte mit seinen Maria-Montez-Drag-Fantasien wesentlichen EinfIuss auf das Schaffen von Andy Warhol, die Kuchar-Brüder, Mike Kelley, Robert Wilson, Cindy Sherman, John Waters und andere mehr: ohne ihn hätte es keinen Camp gegeben und keinen Punk und keine Pop-Postmoderne - zumindest nicht so wie wir sie kennen.

Smiths Schaffen wird leider häufig auf ein einziges Werk reduziert: »Flaming Creatures« (1963), dem Skandalfilm der 60er Jahre. Was das Skandalöse an dem Film war? Ein paar halbschlapp im Bild rumbaumelnde Schwänze in einer orientalischen Feerie, die zu einem guten Teil mit Cross-Dressern besetzt ist. Smith selbst war, Aussagen einiger Freunde nach zu urteilen, völlig bestürzt darüber, dass man seine kleine Komödie zu einem Schwulenporno machte. Eine Folge des Chaos von "Flaming Creatures" war, dass Smith lange keine Werke mehr zur Aufführung brachte und sich stattdessen auf sein Schaffen als Performance-Künstler konzentrierre, teilweise trat er in eigens dafür konzipierten Filmen seiner Bewunderer auf, wie in Piero, Heliczer's "Joan of Arc", Andy Warhols "Batman Dracula" und Carl Linders "The Devil Is Dead". Filme spielten bei seinen Performances allerdings eine große Rolle: "Reefers of Technicolor Island" (1967) z.B. war ursprünglich als Teil einer Performance konzipiert worden, wurde später aber auch als eigenständiger Kurzfilm präsentiert.

Jack Smiths filmisches Gesamtwerk ist ein riesiger Scherbenhaufen: eine Bricolage aus Stückwerken und Zufallsprodukten. Das wohl einzige wirklich von vorne bis hinten ausgeformte, in einem Rutsch entstandene Werk Jack Smiths ist ausgerechnet "Flaming Creatures". "I Was a Male Yvonne de Carlo" (1968- 71), um nun ein extremes Beispiel zu nehmen, besteht aus Teilen seines Films "No President", sowie Szenen aus Performances, Dia- Shows und Filmen aus den späten 60ern, frühen 70ern, in denen Smith als mock celebrity zu sehen ist. Zu allem Überfluss hatte Smith auch noch die Angewohnheit, Filme im Rahmen seiner Performances umzuschneiden.

Smiths Werk ist ein einziger Stinkefinger Richtung Bürgertum: Weil es schwul ist, ohne Homosexualität zu einer Norm zu erheben,weil es arm ist, ohne der Armut als Wert zu huldigen, weil es aus den Abfällen unserer Gesellschaft entstanden ist, ohne bloß Zitat zu sein. Vor allem aber, weil Jack Smith in diesen Abfällen und Sehnsuchtsderivaten etwas findet, das uns als Menschen erhöht, unseren Träumen Wert und Sinn gibt.