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Interviews, Berichte & Meinungen
Charlotte von Mahlsdorf und die Selbsthilfegruppe

(31.7.00) Vor kurzem haben wir über Charlotte von Mahlsdorf und ihrem Leben in Schweden berichtet. Aimée aus Frankfurt war mit ihrer Frau nun auch bei Charlotte und schrieb uns folgendes e-mail, was wir gerne zur Diskussion stellen:

Hallo Ihr Lieben,
ich habe den kurzen Beitrag auf Eurer Homepage über "Charlotte in Schweden"
gelesen. Ich war selbst vor zwei Wochen bei ihr in Porla, meine Frau
(Diplompsychologin hat zwei Interviews mit Charlotte aufgezeichnet.
Ich war gestern abend im Gruppentreff der Frankfurter TV-Gruppe und kann
nicht umhin, meine Gedanken zu Papier zu bringen. Ich würde mich riesig
freuen, wenn Ihr meinen Text auf Eurer Page veröffentlichen würdet. Ich
finde Eure Page echt interessant, informativ, abwechslungsreich und was für
mich wichtig ist, öfter mal was Neues. Ich schaue fast jede Woche hinein.
Also, hier nun mein Text.
Viele liebe Grüße
Aimée

Mehr Toleranz
Ich habe Charlotte von Mahlsdorf in Porla Brunn (Schweden, zwischen Göteborg
und Stockholm) besucht. Mehr als 3000 Kilometer bin ich dafür gefahren.
Beeindruckt von der Begegnung mit Charlotte möchte ich einiges in der
TV-Gruppe erzählen. Ich schaue in die Runde, gelangweilte Gesichter, null
Begeisterung, ja, hier und da sogar Ablehnung.

"Was ist los?"
"Ja weißt du denn nicht, daß die schwul ist?"
Natürlich weiß ich das. Ich habe doch ihr Buch gelesen. Masochistisch ist
sie auch noch. Schock! Das wußte keine.

"Und dann: wie die rumläuft. Die wirft ein ganz schlechtes Bild auf uns
Transvestiten."
Ich kenne Bilder von ihr und habe sie jetzt persönlich erlebt in ihrer
schlichten Frauenkleidung, einziges Schmuckstück ist eine Perlenkette, ohne
Perücke und ohne eine Spur von Schminke. Spielt das denn eine Rolle? Wir
sind doch alle ein bißchen, um es vorsichtig auszudrücken, daneben. Wer von
uns könnte sagen, ich bin normal. Was ist schon normal?

Ich bezeichne unsere TV-Gruppe gerne als "die Bunten". Ich erspare mir hier,
die vielen Typen mit all ihren Schattierungen zu beschreiben, die Narzißten,
Fetischisten und Exhibitionisten (natürlich nicht die, die den Mantel
öffnen, um Kinder und Frauen zu erschrecken). Ihr kennt sie ja alle selbst,
gehört selbst dazu. Jede von uns freut sich riesig über ein Kompliment und
jede meint natürlich, die Schönste zu sein. Ehrlich, nur mit wenigen würde
ich mich öffentlich en femme auf die Straße trauen. Verflixt, da ist sie
schon wieder, die Arroganz. Auch ich habe so meine Vorstellung wie "frau"
sein soll.

"Aha, schon wieder eine mit Vorurteil!"
Jede von uns muß zunächst mal mit sich selbst ins Reine kommen. Wer von uns
weiß denn 100% was mit ihr los ist? Jede von uns ringt um Anerkennung, nehmt
mich bitte so wie ich bin. Und dann erlebe ich unseren "Verein" als
hochnäsig, eingebildet und intolerant bis zum geht nicht mehr, und wir
fangen an auszugrenzen, anstatt zusammenzuhalten, über die anderen
herzuziehen, anstatt etwas Positives zu sagen und zu helfen, oder die
anderen einfach mal so zu lassen wie sie sind. Schade, schade!

Charlotte bringt das auf einen ganz einfachen Nenner: "So wie ich bin, bin ich eben."
Charlotte von Mahlsdorf bezeichnet sich selbst als Transvestit, und ich
möchte hinzufügen: Sie ist ein Mensch mit einem großen Herz und viel
Verständnis für alle, die am Rande der Gesellschaft stehen.
Ihr Traum ist: "Keiner fragt mehr nach Konfession, Hautfarbe,
Weltanschauung, sexueller Orientierung, Parteibuch, Geld und
gesellschaftlicher Position. Juden und Christen, Heteros und Homos, Schwarze
und Weiße sitzen an einem schönen runden Tisch im Freien und erzählen sich
alte Geschichten. Und keiner kennt mehr Dünkel und plappert mehr nach, was
an Biertischen gestammelt wurde. Keiner wundert sich mehr über den anderen."

Wer sie nicht kennt, möge ihr Buch lesen "Ich bin meine eigene Frau".
Ich freue mich auf viele kritische Antworten.

Meine e-mail: lynn_cross@hotmail.com

Mehr über meinen Besuch bei Charlotte in einem anderen Beitrag.
Aimée